Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement - Allgemeine Beschreibung
Inhaltsverzeichnis
- 1 Zweck, Ziel und Nutzen einer IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement
- 2 Wichtige Begriffe und Definitionen
- 3 Ausführliche Beschreibung der IVS-Dienstekategorie
- 4 IVS-Wertschöpfungskette/IVS-Wertschöpfungsnetzwerk
- 5 IVS-Rollen und IVS-Capabilities
- 6 Literaturverzeichnis
Zweck, Ziel und Nutzen einer IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement
Einführung
Intelligente Verkehrssystem-Dienste (IVS-Dienste) bilden heute in den verschiedensten Anwendungsbereichen des Straßenverkehrs eine wichtige technologische und organisatorische Basis. Die durch die zunehmende Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnik getriebene zunehmende Vernetzung dieser Systeme stellen neue Herausforderungen bei der Einführung neuer und Integration bestehender IVS-Dienste. Zur Sicherstellung einer „intelligenten“ Mobilität in Deutschland und Europa ist die Durchgängigkeit von Informationen und eine einhergehende Integration der entsprechenden Systeme eine wichtige Voraussetzung. Neben der oftmals im Vordergrund stehenden technischen Sichtweise ist vor allem auch die inhaltliche und organisatorische Kooperation zwischen den mit der Erbringung von Mobilitätsdienstleistungen befassten Akteuren zu betrachten.
Intelligente Mobilität mit für die Reisenden durchgängigen Angeboten erfordert insbesondere, dass die beteiligen Akteure gemeinsame inhaltliche Zielsetzungen formulieren. Hierzu ist ein gegenseitiges Verständnis der jeweiligen Aufgaben sowie der für die Aufgabenerbringung etablierten Prozesse notwendig. Auf der Basis eines gemeinsamen Verständnisses gilt es dann, die erforderlich inhaltlichen, organisatorischen und technischen Schnittstellen und Prozesse festzulegen und zu implementieren.
Das Zuständigkeitsübergreifende Verkehrsmanagement stellt die Beeinflussung des Verkehrsgeschehens durch vorab abgestimmte Strategien zur räumlichen, zeitlichen und modalen Verlagerung des Verkehrs über die Grenzen von Zuständigkeiten hinweg dar. Dabei kann eine Strategie als zuständigkeitsübergreifend bezeichnet werden, wenn diese ohne Partner und dessen Netzzuständigkeit bspw. bezüglich der Aktorik und/oder der Sensorik und/oder der Alternativrouten oder Teile davon nicht angeboten werden kann. Dieses berücksichtigt damit nicht nur die Kooperationen zwischen öffentlichen Straßenbetreibern, sondern auch die Möglichkeit von Kooperationen zwischen verschiedenen Verkehrsträgern. Insofern ist eine unverzichtbare Voraussetzung für das Zustandekommen eines Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements der Kooperationswillen der beteiligten Organisationen bzw. Institutionen.
Im Zuge von Los 3 des Nationalen Projekts IVS-Architektur Straße werden jedoch IVS-Dienste des Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements lediglich aus Sicht des öffentlichen Straßenbetreibers (Stadt, Land) betrachtet. So ist das Zuständigkeitsübergreifende Verkehrsmanagement die Verkehrsbeeinflussung durch Strategien mit dem Ziel, die Verkehrsnachfrage und das Angebot an Verkehrssystemen über die Grenzen von hoheitlich eigenständigen Baulastträgern und Betreibern hinweg optimal aufeinander abzustimmen.
Ziel einer IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement
Ziel von Los 3 ist die Entwicklung einer national verbindlich eingeführten IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement zur Sicherstellung eines koordinierten und harmonisierten Vorgehens bei der Einführung und Nutzung neuer und der Vernetzung bestehender IVS-Dienste im Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagement.
Wesentliche Aufgaben sind dabei die Entwicklung grundlegender Festlegungen
- für Begriffe, Normen, Mechanismen und Technologien, die erforderlich sind, um die Interoperabilität der auf verschiedenen Ebenen arbeitenden, verteilt kommunizierenden Anwendungen und Komponenten zu sichern und
- für Geschäftsmodelle und Organisationsformen (Rollenmodelle) und daraus resultierenden Anforderungen an die Geschäftsprozessmodellierung im Gestaltungsbereich des Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements.
Mit einer national „IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement“ soll am Ende also ein Modell für regionale und überregionale Kooperationen und Kollaborationen hoheitlich souveräner Straßenbetreiber und Service-Provider (Land-Land, Stadt-Land, Stadt-Stadt) verbindlich eingeführt werden. Sie unterstützt nicht nur den harmonisierten Aufbau hoheitsspezifischer IVS-Verkehrsmanagement-Dienste mit verbesserter Interoperabilität und Kontinuität, sie formuliert auch die Anforderungen an die IVS-Architektur von grenzüberschreitendem Verkehrsmanagement aus deutscher Sicht.
Folgende Erwartungen werden an "IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement" gestellt:
- Schaffung eines allseits akzeptierten Verständnisses vom Verkehrsmanagement (Semantik) als Voraussetzung für zuständigkeitsübergreifende und für den Verkehrsteilnehmer durchgängige IVS-Verkehrsmanagement-Dienste/Diensteprofile und zur Erleichterung der Entwicklung und
- Einführung von IVS-Diensten im zuständigkeitsübergreifenden Kontext.
- Entwicklung von funktionalen, organisatorischen und technischen Anforderungsprofilen für die Harmonisierung der Kooperation und Kollaboration hoheitlich souveräner Straßenbetreiber und Service-Provider und für die Interoperabilität ihrer Systeme.
- Verankerung der zuständigkeitsübergreifenden Anforderungen als Bestandteil von Ausschreibungen zur Erhöhung der Planungs- und Investitionssicherheit für Straßenbetreiber und Service-Provider sowie die Industrie zur Vermeidung technologischer „Insellösungen“.
- Schaffung eines für den Verkehrsteilnehmer wahrnehmbaren zusätzlichen Nutzens durch die Überwindung von zuständigkeitsbedingten Brüchen in der Bereitstellung von IVS-Verkehrsmanagement-Diensten und in deren Wahrnehmung durch den Verkehrsteilnehmer (Common sog. Look & Feel).
Nutzen einer IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement
Betroffen sind generell alle Stakeholder und Akteure, die am Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagement beteiligt sind, die Schnittstellen dazu haben oder sich in sonstiger Weise damit befassen, und zwar:
- Stakeholder und Akteure, die die Rolle und Sicht hoheitlich souveräner Straßenbetreiber einnehmen und für den Betrieb des Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements verantwortlich sind.
- Stakeholder und Akteure, die beim Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagement Schnittstellen zu souveränen Straßenbetreibern haben.
- Sonstige Stakeholder und Akteure, die sich mit dem Wissensgebiet des Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements befassen.
Generell kann festgehalten werden, dass mit einer „IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement“ den beteiligten Akteuren der Aufbau von Organisationsstrukturen der Zusammenarbeit unter Rückgriff auf bewährte Modelle sowie ein angemessener technischer Verbund ihrer Systeme unter Nutzung von Interoperabilitäts-Standards wesentlich erleichtert werden.
Die Akzeptanz von Maßnahmen des Verkehrsmanagements wird beim Verkehrsteilnehmer erhöht, wenn sich der Betrieb an seinen Mobilitätsbedürfnissen und tatsächlichen Wegen orientiert und nicht an Zuständigkeitsgrenzen endet oder das Erscheinungsbild wechselt.
Bei den indirekt beteiligten Stakeholdern und Akteuren wird eine hohe Akzeptanz erwartet, weil die "IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement" die Planungs- und Investitionssicherheit verbessert (Vermeidung von Insellösungen) und interoperable sowie betrieblich effiziente Lösungen begünstigt.
Dies führt insgesamt dazu, dass die Entwicklung und Anwendung zuständigkeitsübergreifender Verkehrsmanagementpläne gefördert und die Qualität der darin enthaltenen Maßnahmen erheblich gesteigert werden kann, insbesondere durch:
- Erhöhung der Leistungsfähigkeit mittels besserer Ausnutzung der Kapazitäten regionaler bzw. überregionaler Verkehrsnetze und Korridore.
- Verringerung der Umweltbelastungen durch Reduzierung von Staus.
- Erhöhung der Verkehrssicherheit, indem durch abgestimmte großräumige Maßnahmen die Verfügbarkeit des Verkehrsnetzes optimiert und der Verkehrsfluss aufrechterhalten werden kann.
- Entwicklung und Betrieb von Anlagen, Systemen und Diensten für die Umsetzung zuständigkeitsübergreifender Strategien unter Bezugnahme auf eine Referenzarchitektur.
Wichtige Begriffe und Definitionen
- Verkehrsmanagement...
- ist gemäß FGSV (2012) die "Beeinflussung des Verkehrsgeschehens durch ein Bündel von Maßnahmen mit dem Ziel, die Verkehrsnachfrage und das Angebot an Verkehrssystemen optimal aufeinander abzustimmen". Zielgrößen der Optimierung sind Leistungs- und Qualitätskriterien, die unmittelbar (z. B. Reisezeiten und Verlustzeiten) oder mittelbar (z. B. Qualität der Luft) mit der Verkehrslage korrelieren.
siehe auch Glossar: Verkehrsmanagement
- Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement...
- ist in Anlehnung an FGSV (2012) die "Beeinflussung des Verkehrsgeschehens durch ein Bündel von Maßnahmen mit dem Ziel, die Verkehrsnachfrage und das Angebot an Verkehrssystemen [über die Grenzen von hoheitlich eigenständigen Baulastträger und Betreibern hinweg] optimal aufeinander abzustimmen". Diese Strategien beinhalten Maßnahmen zur räumlichen, zeitlichen und modalen Verlagerung des Verkehrs. Neben den allgemeinen Zielgrößen des Verkehrsmanagements gilt es, dem Verkehrsteilnehmer Informationen über die einzelnen Zuständigkeitsgrenzen hinaus bereitzustellen.
siehe auch Glossar: Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement
Ausführliche Beschreibung der IVS-Dienstekategorie
Der Regelkreis als Handlungsmuster
Verkehrsmanagement ist, wie bereits eingangs erwähnt, die "Beeinflussung des Verkehrsgeschehens durch ein Bündel von Maßnahmen mit dem Ziel, die Verkehrsnachfrage und das Angebot an Verkehrssystemen optimal aufeinander abzustimmen". In technischer Hinsicht basiert das Verkehrsmanagement auf dem Prinzip des Regelkreises, der seinen Ursprung in den Theorien der Steuerung von technischen Prozessen hat und dazu dient, den durch äußere Störgrößen verursachten Sollwertabweichungen der vom Regelkreis geregelten "Regelstrecke" auf der Grundlage von vorher festgelegten Regeln ständig entgegenzuwirken.
Dazu wird einerseits der Zustand der "Regelstrecke" permanent beobachtet und gemessen und andererseits beeinflusst der "Regler" die Regelstrecke in einer Art und Weise, dass sie sich in Übereinstimmung mit den vorgegebenen Regeln verhält, wenn Abweichungen registriert werden. Überträgt man dieses Prinzip auf das Verkehrsmanagement, ist die Regelstrecke das "Straßennetz und der darauf fließende Verkehr" und der Regler ist der "Verkehrsmanager", der durch voll- oder halbautomatische, verkehrsabhängige entscheidungsunterstützende bzw. selbst vollautomatisch arbeitende Intelligente Verkehrs-Systeme (IVS) unterstützt wird.
Für die Regelung benutzt der Verkehrsmanager Systeme und Technologien, die in der Lage sind, das Verhalten der Verkehrsteilnehmer zu beeinflussen. Dazu benötigt er eine ständig zunehmende Bandbreite von Feldgeräten (Detektoren/Sensoren), um den tatsächlichen Verkehrszustand auf der Regelstrecke zu messen, einen software-basierten Prozess (zentralisiert oder verteilt), der unter Umständen menschliches Handeln, die Übermittlung von Informationen und die Verkehrsteilnehmer mit Hilfe von Signalen, Verkehrszeichen und auch Schranken einbezieht.
Historische Entwicklung
Die Anfänge des Verkehrsmanagements, wie wir es heutzutage kennen, gehen auf die Einführung der Computer in den späten 1960er und 1970er Jahren zurück. Als eines der ursprünglichen Bestandteile von IVS, dessen Begriff in den frühen 1990er Jahren erstmals verwendet wurde, hatte das Verkehrsmanagement seither zahlreiche Entwicklungen im Bereich der Technologie erfahren. So wurden bspw. neue Methoden zur Verkehrs- und Umweltdatenerfassung berücksichtigt und Informationen konnten nun mittels geeigneter Geräte am Straßenrand für die Verkehrsteilnehmer bereitstellt werden. Weiterhin wurde ein Abwägungsprozess bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien integriert, um Verkehrsstaus auch während der Priorisierung von bestimmten Verkehrsteilnehmergruppen, wie bspw. für öffentliche Verkehrsmittel und für Einsatzfahrzeuge, zu minimieren.
Während dieser Entwicklung stellte unter dem Druck der stetig wachsenden Verkehrsnachfrage und dem damit verbundenen steigenden Verkehrsaufkommen die Integration der einzelnen unabhängigen Systeme eine große Herausforderung dar. Daneben können folgende weitere Herausforderungen genannt werden:
- Integration von Daten und Informationen aus verschiedenen Datenquellen (z. B. durch unterschiedliche Detektionstechnologien und -geräte).
- Erweiterung der eher einfachen Verkehrssteuerungsmethoden zu umfassenden, leistungsfähigen und auf der strategischen sowie taktischen Ebene arbeitenden Strategien des Verkehrsmanagements, welche die Verkehrssteuerung und die Reiseinformationen zur Beeinflussung des Verkehrsteilnehmers nutzen.
- Austausch von Daten mit externen Stakeholdern, z. B. Polizei, Autobahnbetreibern, weiteren Informationsdienstleistern, Verkehrsunternehmen oder Anbietern von Navigationssystemen.
- Einbindung von neuen Technologien, wie bspw. Internet, GNSS, Smartphones und C-ITS.
- Integration von aufkommenden Technologienentwicklungen in bestehende proprietäre Verkehrsmanagementsysteme.
- ...
Generelle Zielsetzung
Das Straßen- und Verkehrswesen bzw. das Verkehrsmanagement kann einen Beitrag dazu leisten, die Lebensqualität der einzelnen Individuen zu steigern. In AS&P (1993) wird diese Forderung durch Definition der vier Oberziele des Verkehrs bekräftigt:
- Erhöhung der Sicherheit,
- Befriedigung des Mobilitätsbedürfnisses,
- Schonung der Umwelt und
- Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.
Handlungsbereiche und -optionen
wo bleibt das Land
Das Verkehrsmanagement, welches im Zuständigkeitsbereich der einzelnen städtischen oder lokalen Verkehrsbehörden liegt, setzt an den obengenannten Zielen an. Durch gezielte Maßnahmen oder Maßnahmenbündeln, die den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Verkehrssysteme und -mittel (multimodal) oder den Wechsel der Verkehrssysteme (intermodal) berücksichtigen, sollen Probleme oder bestimmte Situationen (Summe von definierten Ereignissen, Problemen und weiteren relevanten Zuständen) im Verkehrssystem reduziert bzw. verbessert werden.
Hinsichtlich der auftretenden Probleme und Ereignisse können drei Handlungsbereiche im Verkehrsmanagement unterschieden werden (siehe Grafik).
Für den ersten Handlungsbereich können nach FGSV (2003)[1] die Probleme und Ereignisse grundsätzlich in folgende Kategorien unterteilt werden:
- Überlastung im Straßennetz (z. B. alltäglicher Verkehrsstau durch Berufsverkehr),
- Überlastung im ÖV-Netz,
- Überlastung oder Ausfall von Stellplätzen,
- Engstellen im Straßennetz (z. B. Baustellen, Unfälle),
- Engstellen im ÖV-Netz (z. B. Ausfälle oder Störungen),
- Notfallsituationen (z. B. Feuer, Bombenfund, Wasserrohrbruch),
- Energie-/Systemausfall (z. B. LSA, Straßenbahn, U-Bahn),
- veranstaltungs- und freizeitbedingte Probleme (z. B. Fußballspiele, Messe),
- witterungsbedingte Probleme (Regen, Schnee, Glatteis).
Diese angeführten Probleme und Ereignisse können noch um umweltbedingte Probleme wie hohe Lärm- und Luftschadstoffbelastungen ergänzt werden.
Der zweite Handlungsbereich - die Verpflichtung zur Bereitstellung der Verkehrs- und Reiseinformationen an Dritte (nationale Zugangspunkt) und neue Technologien (z. B. offene Daten, C-ITS etc.), die die Natur des traditionellen Verkehrsmanagements und Informationen verändern - führt zu weiteren Problemen in Bezug auf die Daten- und Informationsbereitstellung:
- Verpflichtung zur Entwicklung und Pflege der Organisation, um Verkehrs- und Reiseinformationen gemäß der EU IVS-Directive bereitzustellen.
- Notwendigkeit zur Integration der Verkehrsmanagementdienste selbst mit anderen Mobilitätsdiensten (Öffentlicher Verkehr, städtische Logistik etc.) und mit neuen Technologien (GNSS basierte Navigation, Smartphones, C-ITS, automatisiertes Fahren).
- ...
Der dritte Handlungsbereich ist die Vergabe und der Betrieb der Straßen- und IVS-Infrastruktur, welche weitere Probleme verursacht:
- Herstellerabhängigkeit: Zulieferunternehmen möchten Teile des IVS-Portfolios eines Kunden vollständig durch ihre eigenen Produkte abdecken, was zu einer Herstellerabhängigkeit führt, wenn solche logisch unabhängige Subsysteme der IT-Landschaft durch proprietäre Kommunikationsschnittstellen verbunden sind.
- Lieferantenabhängigkeit bezüglich Konfiguration und Verwaltung von Feldgeräten (Knotenpunkttopologie, Signalpläne, verkehrsabhängige Steuerungsalgorithmen, Fehlerbeseitigung und Wartung).
- Spezifikationen zur Vergabe: Wenn keine regionalen Spezifikationen vorhanden sind, wird es für eine Stadtverwaltung ohne detaillierte technische Kenntnisse schwierig, eine Spezifikation für IVS aufzustellen, was wiederum zu einer Herstellerabhängigkeit oder Systeme zuführt, die den beabsichtigten Nutzen nicht liefern.
- ...
Handlungsmuster (Strategien und Taktiken)
wo bleibt das Land
Im Rahmen des Verkehrsmanagements sollen die Wirkungen des Verkehrs optimiert werden, wofür zum einen Instrumente zur Beeinflussung des Verkehrsangebots und zum anderen zur Beeinflussung der Verkehrsnachfrage genutzt werden können. Dabei umfasst das Verkehrsmanagement gemäß FGSV (2003) kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen, welche für die Strategiebildung in den Handlungsfeldern
- Verkehrslenkung,
- Verkehrsverlagerung (räumlich, zeitlich, modal) und
- Verkehrsvermeidung
liegen.
Die Handlungsfelder "Verkehrsvermeidung" und "Verkehrsverlagerung" können dem statischen Verkehrsmanagement zugeordnet werden, welches mittel- bis langfristige Maßnahmen beinhaltet. Daneben ist die Verkehrslenkung ein Teil des dynamischen Verkehrsmanagements, welches durch Maßnahmen zur Verkehrsbeeinflussung und auch durch Verkehrsinformation kurzfristig auf bestimmte Probleme bzw. Situationen reagiert.
Mögliche Maßnahmen zur Lösung oder Minderung der auftretenden Probleme können in die folgenden Kategorien eingeteilt werden:
- Maßnahmenkategorien des ÖV (z. B. Umleitung von ÖV-Fahrzeugen, Anschlusssicherung im ÖV),
- intermodalen Maßnahmenkategorien (z. B. Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl, finanzielle Maßnahmen),
- multimodalen Maßnahmenkategorien (z. B. Verlagerung des Zeitpunkts des Fahrtantrittes, Freigabe von Verkehrsflächen) und
- Maßnahmenkategorien des MIV (z. B. Zuflussregelung, Reduzierung der Geschwindigkeit).
In der Regel ist eine Kombination der verschiedenen Maßnahmen aus den genannten Kategorien sinnvoll oder sogar erforderlich, da bestimmte Probleme bzw. Situationen meist mehrere Verkehrsteilnehmer oder Nutzergruppen betreffen. So ist insbesondere im MIV neben dem privaten Personenverkehr und Wirtschaftsverkehr auch der Anlieger-/Durchgangsverkehr zu berücksichtigen.
Somit stehen den einzelnen Behörden verschiedene Maßnahmen bzw. Strategien zur Verfügung, welche sich über die Jahre weiterentwickelt und bewährt haben. Meist basieren diese zum einen auf lokalem Wissen und Erfahrung und zum anderen auf den Grundsätzen und den Regeln für den Straßenverkehr sowie für die öffentlichen Institutionen (Gesetzgebung beeinflusst Straßen, Brücken und Straßentunnel, Vergaberecht …).
Um das Verkehrsmanagement in einem definierten Planungsraum wirkungsvoll und effizient betreiben zu können, sind Strategien zu entwickeln und bei Bedarf umzusetzen. Diese Strategien stellen nach FGSV (2003) und FGSV (2011)[2] "ein vorab festgelegtes Handlungskonzept für das Ergreifen von Maßnahmen(-bündeln) zur Verbesserung einer definierten (Ausgangs-)Situation" dar, mit dessen Hilfe den erkannten Problemen bzw. Situationen entgegengewirkt werden kann.
Die Bildung und letztendliche Umsetzung von Strategien im Verkehrsmanagement erfolgt nach FGSV (2003) in mehreren Stufen, die in ständiger Wechselwirkung miteinander stehen. Basierend auf einer Detektion werden Probleme bzw. Situationen ermittelt, zu deren Maßnahmen ausgewählt und auf ihre Eignung überprüft werden. Die Maßnahmen werden schließlich über Leit-, Steuerungs- und Informationssysteme umgesetzt, wozu der Austausch und die Bereitstellung von Daten und Informationen mit externen Stakeholdern (z. B. Polizei, Autobahnbetreibern, ÖV-Betreibern, Service Providern etc.) berücksichtigt werden sollten. Besteht das auslösende Problem nicht mehr, so wird die Maßnahme aufgehoben.
IVS-Wertschöpfungskette/IVS-Wertschöpfungsnetzwerk
System Straße
Verkehrsmanagement
IVS-Rollen und IVS-Capabilities
IVS-Stakeholder und IVS-Akteure
Überblick
Die IVS-Referenzarchitektur für Zuständigkeitsübergreifendes Verkehrsmanagement soll einen harmonisierten Aufbau hoheitsspezifischer IVS-Verkehrsmanagement-Dienste unterstützen und Anforderungen an die IVS-Architektur von grenzüberschreitendem Verkehrsmanagement formulieren. Betroffen sind generell alle IVS-Stakeholder und IVS-Akteure, die am Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagement beteiligt sind, Schnittstellen dazu haben oder sich in sonstiger Weise damit befassen:
- IVS-Stakeholder und IVS-Akteure, die die Rolle und Sicht hoheitlich tätiger, öffentlicher Straßenbetreiber einnehmen und für den Betrieb des Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements verantwortlich sind (einschließlich deren jeweilige Schnittstelle zu der zuständigen Straßenverkehrsbehörde),
- IVS-Stakeholder und IVS-Akteure, die beim Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagement Schnittstellen zu Straßenbetreibern haben,
- IVS-Stakeholder und IVS-Akteure, die souveräne Straßenbetreiber in ihrer Aufgabenwahrnehmung unterstützen,
- Sonstige IVS-Stakeholder und IVS-Akteure, die sich mit dem Wissensgebiet des Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements befassen.
Einbeziehung von Privaten IVS-Akteuren
Externe Stakeholder sollten im Rahmen des Daten-, Informations- und Strategieaustausches in den Prozess des Verkehrsmanagements integriert werden. Dieser Austausch sollte über den nationalen Zugangspunkt, den Mobilitäts Daten Marktplatz des Bundes (MDM), erfolgen. Besonderer Fokus wird hierbei auf private Navigationsdienstleister gelegt. Ein strategischer Ansatz für eine Kooperation zwischen Verkehrsmanagement und Navigationsdienstleistern wurde im Projekt Lena4ITS (FE 03.0484/2011/IRB Maßnahmen zur Gewährleistung der Interoperabilität zwischen öffentlichem Verkehrsmanagement und individuellen Navigationsdiensten) erarbeitet und evaluiert.
Das Strategische Konzept unterscheidet zwischen einer Datenkooperation und einer Strategiekooperation, wobei letztere auch eine Datenkooperation beinhalten kann.
Zielsetzung der Datenkooperation ist die Optimierung sowohl der öffentlichen Strategien als auch der individuellen Navigationsrouten durch die gezielte Verbesserung und Vervollständigung der Datengrundlage durch Daten des jeweiligen Kooperationspartners.
Hierbei liegen die Nutzenpotenziale für die Straßenbetreiber vornehmlich in einer Erweiterung der Verkehrslageinformationen durch Floating Car Daten. Hierdurch kann die Kenntnis der aktuellen Verkehrslage insbesondere in Bereichen - vornehmlich im nachgeordneten Netz - verbessert werden, in denen die statische Detektion keine ausreichende Dichte aufweist. Außerdem können - soweit aus eigener Detektion nicht verfügbar - Informationen zu aktuellen Reisezeiten in die Verkehrssteuerung einbezogen werden.
Für Navigationsdienstanbieter liegen die Nutzenpotenziale im Wesentlichen in einer Berücksichtigung von Planungsdaten zu Netzeinschränkungen bzw. Kapazitätsminderungen, die gewinnbringend in die Routingalgorithmen der Navigationsdienstleister integriert werden können. So ist beispielsweise die Meldung einer geplanten Sperrung eines Tunnels wegen Wartung bedeutend, da diese Information nicht aus den FCD gewonnen werden kann. Ebenso sind zeitaktuelle Meldungen von unvorhersehbaren Sperrungen bedeutend, da diese Information nur verzögert aus FCD gewonnen werden kann. Besser ist es in diesem Fall das Rerouting auf Basis der Sperrungsmeldung durchzuführen, so dass im Idealfall die Sperrung über FCD gar nicht detektiert wird. Damit die Sperrungsmeldung zeitaktuell generiert und über den MDM exportiert werden kann, ist eine automatisierte Erzeugung erforderlich. Im Falle von Tunnelsperrungen kann dies über den Zustand der Tunnelportale erfolgen und wird bspw. in Düsseldorf so umgesetzt.
Die Strategiekooperation zielt zunächst auf die Einbindung öffentlicher Strategien in die individuelle Navigation ab. Dabei stellen die öffentlichen Infrastrukturbetreiber abgestimmte dynamische Strategierouten (Alternativroutenstrategien [hoheitlich oder baulastträgerübergreifend] oder besondere Zielführungen zu POI oder Veranstaltungen) als Bestandteil situationsbezogener öffentlicher Strategien in Übereinstimmung mit den über dWiSta-Tafeln und Wechselwegweisung verbreiteten Umleitungen über den Mobilitäts Daten Marktplatz (MDM) bereit. Die privaten Navigationsdienstanbieter beziehen die öffentlichen Strategierouten in das individuelle Routing mit ein, wobei der Grad der Verbindlichkeit der Einbeziehung abhängig von der gewählten Ebene der Strategiekooperation ist.
Die Berücksichtigung der Alternativroutenstrategien oder besonderer Zielführungen in den Routingalgorithmen unterstützt den Ansatz des sog. strategiekonformen Routings und führt zu Akzeptanzsteigerung sowohl der kollektiven, dynamischen Wegweisung als auch der individuellen Navigation. Durch zunehmenden Datenaustausch und damit Vereinheitlichung der Datenbasen von öffentlichen Baulastträgern und privaten Navigationsdienstleistern unterscheiden sich die Routenempfehlungen im Idealfall nicht. Die Berücksichtigung besonderer Zielführungen zu POI oder Veranstaltungen, die dynamisch anzupassen sind, kann genutzt werden, um die Verkehrsteilnehmer entweder gleichmäßig auf die vorhandenen Parkflächen oder zielgruppenspezifisch (z. B. Aussteller, Besucher 1. Veranstaltung, Besucher 2. Veranstaltung etc.) zu verteilen.
Liste der IVS-Akteure und IVS-Stakeholder
In der nachfolgenden Tabelle sind die von den IVS-Diensten des Zuständigkeitsübergreifenden Verkehrsmanagements betroffenen IVS-Stakeholder und IVS-Akteure aufgeführt.
Organisation | Zuständigkeiten | Beispiel |
---|---|---|
Öffentliche Institutionen | Gesetzgeber | |
Baulastträger Land | Hessen, Hessen Mobil | |
Baulastträger Stadt | Stadt Düsseldorf, Amt für Verkehrsmanagement | |
Öffentlicher Straßenbetreiber Land | Hessen, Hessen Mobil | |
Öffentlicher Straßenbetreiber Stadt | Stadt Düsseldorf, Amt für Verkehrsmanagement | |
Straßenverkehrsbehörde Land | Hessen, Hessen Mobil | |
Straßenverkehrsbehörde Stadt | Stadt Düsseldorf, Amt für Verkehrsmanagement | |
Öffentlicher Service Provider (Rundfunk, Wetterdienst ...) Land | Landesmeldestelle Hessen | |
Öffentliche/Private Institutionen | Daten- und Informations-Broker | MDM (Mobility Data Market Place) |
Standardisierungsorganisationen | CEN (DIN ...) | |
Private Institutionen | Privater Content Owner | |
Privater Content Provider | TomTom | |
Privater Service Provider | ||
Kommunikationsnetzbetreiber | ||
Industrie | Verkehrstechnikindustrie | Siemens, Swarco, Stoye AVT |
IKT-Industrie | ||
Automobilindustrie | Fahrzeughersteller | |
Automobilzulieferer | OEM | |
Kommunikationsinfrastrukturindustrie | Telekom, Vodafone |