Los4: Bestandsaufnahme

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Status Quo zur Entwicklung der multimodalen Reiseinformation

Über Jahre hinweg entwickelten sich die Reiseinformationssysteme nur nebeneinander. Am Anfang entstanden reine monomodale, dynamische Informationssysteme für den Individualverkehr oder den öffentlichen Verkehr, die außer Meldungen (Störungen, Baustellen, Umleitungen) und Plandaten (Fahrpläne) später auch Echtzeitdaten von Fahrzeugen (Position) und streckenbezogene Informationen (Geschwindigkeitsbeschränkungen, Belastung, Reisezeiten) auf Anzeigern, im Radio (TMC, TPEG) sowie im Internet darstellen konnten.

Ab den 90er Jahren entstanden in Deutschland mit den elektronischen Fahrplanauskunftssystemen für die Verkehrsverbünde und die Deutsche Bahn die ersten Router, mit denen Verbindungen für Reisende von A nach B berechnet und später auch verkauft werden konnten. Mit dem Jahrtausendwechsel wurden schon Fußwege, Radwege und Zufahrten mit dem Auto als Zu- und Abwege zu dem öffentlichen Verkehr in Form einer ersten intermodalen Reiseroute berücksichtigt. Ebenfalls aus den 90er Jahren stammten die ersten Navigationsgeräte in Fahrzeugen, die autonom ein adressscharfes Routen im Straßenverkehr mit Hilfe von GPS-Signalen erlaubten und alsbald nicht nur als Einbaugeräte sondern auch als Mobilgeräte angeboten wurden.

Schon damals wurde klar, dass das Nebeneinander von kollektiven und individuellen Reiseinformationssystemen aufgrund der Medienvielfalt entlang der Reiseroute zu keiner konsistenten Information für den Reisenden führt und dass individuelle Systeme keine Rücksicht auf öffentliche Strategien nehmen. Projekte wie INVENT Anfang des zweiten Jahrtausends versuchten daher, die Informationen kollektiver und individueller Systeme auf Datenebene zu konsolidieren, zu koordinieren und zu synchronisieren. Aber auch INVENT führte letztendlich nicht zu einer Vernetzung der Reiseinformationssysteme unterschiedlicher Modi bzw. Akteure.

Neben den klassischen Reiseinformationen des IV und ÖV, die oft aus gemeinwirtschaftlichen Budgets finanziert wurden, entwickelte sich beginnend im Flugverkehr ab den 70er Jahren ein eigene Welt der Reiseinformationssysteme (z. B. Amadeus, ODIGEO), die zur Deckung ihrer Kosten und zur Erzielung von Erträgen die Informationslogistik mit der Vertriebslogistik vernetzten. Die Betreiber dieser Systeme forcierten in den letzten Jahren neben der Einbindung von Hotels und Veranstaltungen immer stärker auch die Einbindung von weiteren Verkehrsmodi. Heute werden den Reisenden von den Betreibern dieser globalen Reiseinformationssysteme auf unterschiedlich gelabelten Portalen oder Applikationen (Apps) vom adressscharfen Routing für das Auto über die intermodale Auskunft der Deutschen Bahn (Fern- und Regionalverkehr) auch Taxi, Mietwagen, Car-Sharing oder Parkplätze angeboten (Information) und verkauft (Vertrieb).

Die rasante Weiterentwicklung der Mobilgerätetechnologien und der Funknetze in den letzten 8 Jahren, wie auch die Entwicklung der Shared-Communities bei der Autonutzung führte zu neuen Marktteilnehmern im Bereich der multimodalen Reiseinformationssysteme. Neben zahlreichen App-Lösungen als stand-alone Anwendungen entwickelten in Deutschland Automobilkonzerne wie Daimler mit moovel oder die Deutsche Bahn mit Qixxit raum- und verkehrsmittelübergreifende multimodale Reiseinformationssysteme, die nicht nur informieren, sondern bei denen der Reisende auch alle Produkte und Dienstleistungen in Zukunft buchen und kaufen kann.

Trotz dieser jüngsten Entwicklung bei den multimodalen Reiseinformationssystemen (Dienstbetreiber) werden Reiseempfehlungen jedoch weiterhin nur auf Basis individueller Entscheidungen des Reisenden und auch kommerzieller Interessen der Produkt- und Dienstleistungseigner (Inhalteanbieter) sowie der online oder offline Reiseagenturen gegeben (Dienstanbieter). Ein Abgleich mit öffentlichen Strategien fehlt noch, wird jedoch aktuell für neue Umsetzungen diskutiert und gefordert (moveBW).

In Deutschland finden sich damit wenige best practice Beispiele, die öffentliche Strategien in ihre Reiseempfehlungen dynamisch mit aufnehmen. Ein prämiertes Projekt ist z. B. die multimodale Auskunft „Vielmobil“ der IVM in Hessen. Ein weiteres Beispiel im Bereich „stadtverträglichem Routing“ wird im Projekt UR:BAN verfolgt. Durch den Einbezug kommunaler Daten gelingt eine verbesserte innerstädtischen Navigation und Befolgung von stadtverträglichen Routen.


Ausgewählte relevante Projekte

All Ways Travelling

Projekt zur Entwicklung eines Modells für einen EU-weiten multimodalen Reiseinformations- und Buchungsdienst; Amadeus ist hier Projektleiter

DELFI

Durchgängige Elektronische Fahrplaninformation (Kooperation der Bundesländer zur Integration dieser regionalen Fahrplanauskünfte in einem bundesweiten System)

EU-Spirit

European Travel Information Network (Grenzübergreifende Verkehrsinformationsdienst)

ÖV-IVS Rahmenarchitektur

IVS-Rahmenarchitektur für den öffentlichen Verkehr

Shift2Rail

Erste EU-Bahninitiative zur Förderung der Erforschung und Innovationsfindung von marktgerechten Lösungen zur Lenkung von Passagieren auf schienengebundenen Transport