IVS-Rollenkonzept

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Intelligente Verkehrs-Systeme

Intelligente Verkehrssysteme (IVS) – engl. Intelligent Transport Systems (ITS) – verstehen sich als Anwendungen, bei denen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zur Realisierung des für das Zusammenwirken erforderlichen Daten- und Informationsaustauschs im Straßenverkehr eingesetzt werden. Dies schließt alle beteiligten Organisationen und Verkehrsteilnehmer einschließlich deren technischer Systeme sowie die Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern ein“.

Der Wortanteil Intelligenz von IVS darf nicht im Sinne künstlicher Intelligenz (KI), sondern muss im Sinne von Business Intelligence verstanden werden. Intelligenz ist ein Synonym für Informationen und Erkenntnisse, die durch das Sammeln und Auswerten von Daten mit dem Ziel gewonnen wurden, dem End-Benutzer von IVS im Hinblick auf seine Ziele bessere strategische und/oder operative Entscheidungen zu ermöglichen.

  • Ziele von End-Benutzern von IVS
    • Reisender: komfortale, sichere und wirtschaftliche Reise von A nach B (der informierte Reisende)
    • Betreiber: effizienter, sicherer Betrieb von Verkehrsinfrastruktur

Informationslogistik als Schlüssel für IVS

Zentraler Dreh- und Angelpunkt zur Erschließung des Nutzenpotentials von IVS ist eine entsprechende IVS-Informationslogistik , d. h. die Organisation, Steuerung, Bereitstellung und Optimierung von Informationsströmen. Insofern müssen organisationsübergreifende Wertschöpfungsketten im IVS-Kontext als Prozessketten für IVS-Informationslogistik begriffen werden, in denen der Umgang mit Informationen von vorrangiger Bedeutung ist.

IVS-Wertschöpfungsketten und -netzwerke

Zusatznutzen durch Vernetzung von IVS-Diensten

Besonderes Wertschöpfungspotential entsteht, wenn es gelingt, mehrere IVS-Akteure und ihre IVS-Dienste im Sinne des End-Benutzers organisationsübergreifend so zu intergrieren/zu vernetzen, dass ihre Resultate in Anwendungsprozessen (im einfachsten Fall z. B. einer Privatperson mit ihrem Smartphone) in leicht zugänglicher Weise und effektiv genutzt werden können. Organisationsübergreifende Wertschöpfungsketten sind aber immer auch Interpretationen von Geschäftsmodellen, die auf Geschäftsprozesse und schließlich auf technisch unterstützte Arbeitsabläufe (Workflows) abgebildet werden. Der Umgang mit Geschäftsmodellen, Rollen und Prozessen muss deshalb im IVS-Kontext zum Zwecke der Nachvollziehbarkeit von Aussagen (Aufwänden, Nutzen, Mehrwert) verbindlich eingeführt werden.

IVS-Wertschöpfungsnetzwerk

Will man sich nur grundsätzlich oder konzeptionell mit IVS-Diensten befassen, muss man über das IVS-Leitbild die strategische Bedeutung (z. B. Stichwort „europäischer Mehrwert/European added value“) beschreiben. Mit IVS im gedanklichen Hintergrund muss weiterhin geklärt werden, wer an der Mehrwertbildung zu beteiligen ist und wie diese Beteiligten die strategische Bedeutung beurteilen (Prozessebene). Parallel dazu muss identifiziert werden, welche Information zur Mehrwertbildung beiträgt (Informationsebene) und ob und wie sie generierbar ist (IT Dienste und Infrastrukturebene).

Über die Vernetzung mehrerer IVS-Dienste entsteht dann ein IVS-Wertschöpfungsnetzwerk und es wird deutlich, welches Beziehungsgeflecht dafür erforderlich ist. „Kooperation“ hat also für IVS eine sehr umfängliche Bedeutung. Vor diesem Hintergrund müssen alle Lösungen im Bereich IVS, d. h. technische Produkte oder Dienstangebote, im Grundsatz dem Anspruch genügen, dass sie auch als Wertschöpfungskette bzw. Wertschöpfungsnetzwerk darzustellen sind. Daraus muss hervorgehen, in welcher Beziehung beteiligte Akteure in ihren Rollen zusammenarbeiten und wie daraus ein Nutzen oder Mehrwert generiert werden kann.

Institutionelle Rollenmodelle als Grundlage der IVS-Wertschöpfung

Die Befassung mit Rollen und Geschäftsmodellen im Kontext von IVS setzt die Verfügbarkeit eines Modells voraus, das die Semantik für eine typisierte Beschreibung der Rollen liefert und das von allen Beteiligten als Diskussions- und Beschreibungsgrundlage akzeptiert wird.

Generell können zwei Arten von IVS-Rollen mit ganz unterschiedlicher Ausprägung unterschieden werden:

  • Ökonomische Rollen:
    • Entwicklung der notwendigen Rahmenbedingungen (Regeln, Finanzierung, ...) für das Zustandekommen eines IVS--Dienstes
    • ökonomisches Management eines IVS-Dienstes im Betrieb
  • Technische Rollen:
    • technisches Management des Betriebs
    • technischer Betrieb des IVS-Dienstes

Ökonomisches IVS-Rollen Modell

Als Vorschlag für das Ökonomische Rollenmodell wird ein Institutioneller Rollenmodell-Ansatz herangezogen, der im Projekt CONVERGE speziell für die Darstellung und Beschreibung von Rollen zur Realsierung von Kooperativen IVS-Diensten angewendet wurde.

Der Ansatz der Institutionellen Rollenmodelle ist neuartig und befindet in der methodischen Entwicklung. Die Institutionelle-Rollenmodel Matrix benötigt letztendlich zwei Inputvektoren. Hierzu müssen die ökonomischen und technischen Rollen identifiziert werden. Bei den ökonomischen Rollen werden im Wesentli-chen die klassischen betriebswirtschaftlichen Rollen vorgegeben und durch die spezifischen, durch die Wertschöpfung geprägten, Rollen ersetzt. Der konzeptionelle Charakter des Projektes erfordert einen re-lativ hohen Abstraktionsgrad der Rollen. Daher werden die für die Untersuchung abgeleiteten Rollen als Meta-Rollen bezeichnet.

Ökonomische Rollen sind:

  • Business Management,
  • Service-Angebot,
  • Human Resources,
  • Financial Management und
  • Controlling.

Die Rolle Business Management umfasst im Rahmen der Einführungsphase die Entscheidungsbefugnis zur Einführung von IVS-Diensten und im Rahmen der Betriebsphase sowohl strategische als auch operative Änderungen, in der Art und Weise wie die IVS-Dienste betrieben werden, durchzusetzen. Wird diese Rolle durch eine staatliche Institution wahrgenommen, umfassen die damit verbundenen Aktionen das klassische Spektrum über Dienstanweisungen, Rechtsverordnungen, Gesetze, Direktiven und andere. Wird diese Rolle durch eine private Institution wahrgenommen, umfasst sie die Funktion der Unternehmensführung.

Die Rolle Service-Angebot erfasst alle Aktionen, die eine IVS-spezifische Wertschöpfung durch Services schaffen. Das schließt die Konzeption des Services im Allgemeinen ein, wie auch die Entscheidung darüber, wer den Service anbietet und wie dieser bepreist wird. Die Entscheidung darüber, ob der Service selbsterstellt oder durch Dritte angeboten wird, liegt allerdings im Entscheidungsbereich der Business Management-Rolle.

Die Rolle Human Resources ist eine zentrale Rolle für die Umsetzung der IVS-Dienste. Die Kernaufgabe ist die Bereitstellung und der zielorientierte Einsatz von Personal, um IVS-Dienste einzuführen und zu betreiben. In der konzeptionellen Auswertung des Projektes werden nur die Institutionen identifiziert. Im Falle einer Umsetzung würde diese Rolle von den relevanten Institutionen so konkretisiert, dass eine personelle Zuordnung ermöglicht wird.

Die Rolle Financial Management soll sicherstellen, dass sowohl die Anfangsinvestitionen als auch die Ersatzinvestitionen finanziert werden können. Wie sich die Finanzierung gestaltet, hängt hier auch davon ab, ob eine staatliche Institution oder eine private Institution in der Finanzierungsverantwortung steht. Im Falle staatlicher Institutionen dürften steuer- und/oder gebührenfinanzierte Lösungen im Vordergrund stehen. Private Investitionen können neben der Innenfinanzierung auf die klassischen Instrumente der Außenfinanzierung (Beteiligungsfinanzierung, Fremdfinanzierung) und Sonderformen der Finanzierung (Factoring) zurückgreifen.

Die Rolle Controlling umfasst vor allem Aufgaben des internen Rechnungswesens. Neben der richtigen Erfassung der Kosten und Erlöse erfüllt das Controlling eine Unterstützungsfunktion für die Meta-Rolle Business Management. Auch hier ist im Rahmen der Umsetzung darauf zu achten, dass die zu erfassenden ökonomischen Größen unterschiedlich definiert werden können, wenn es sich entweder um staatliche oder private Institutionen handelt. Bei einer staatlichen Ausübung dieser Rolle können z.B. neben den für den Betrieb notwendigen betriebswirtschaftlichen Kosten und Erlösen auch gesamtwirtschaftliche Kosten und gesamtwirtschaftliche Nutzen erfasst werden, um die Entscheidungen über Einführung und Betrieb von IVS-Diensten unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu optimieren.

Technisches IVS-Rollen Modell

Als Vorschlag für eine Technisches Rollenmodell wird dazu im vorliegenden Projekt ein Modell herangezogen, das im Projekt EasyWay speziell für die Darstellung und Beschreibung von Wertschöpfungsketten für Verkehrsinformationsdienste entwickelt worden und in folgender Abbildung dargestellt ist:

EasyWay-Wertschöpfungskette für Verkehrsinformationsdienste

Das Modell enthält im Einzelnen entsprechend einer funktionierenden Informationslogistik folgende zentrale Rollen:

  • Inhalteanbieter (Content Provider)
    • erstes Glied in der Wertschöpfungskette und Quelle, in der Regel auch Eigentümer (Content Owner) der in den Diensten verwendeten Daten
    • erfasst und verwaltet die Daten, hält die Rechte zur Nutzung und Ver-teilung der Daten
  • Dienstbetreiber (Service Operator)
    • sammelt und verfeinert Rohdaten der Inhalteanbieter zu verwertbaren Mehrwert-Informationen (Added Value)
    • wendet dazu unterschiedliche Methoden (Fusion von Daten, spezielle Algorithmen (Modelle) usw.) an
    • erzeugt Informationen mit identischem Inhalt für unterschiedliche Dienstanbieter und Endkunden mit entsprechenden Geräten (Websi-tes, PDAs, Smartphones usw.)
    • kann Clearing-Funktion bereitstellen, um die vollständige Kompatibili-tät unterschiedlicher Dienste zu unterstützen.
  • Kommunikationsnetzwerkbetreiber Communication Network Provider)
    • muss zuverlässige und ausreichend flexible Kommunikationskanäle für die nahtlose Verbindung von Endkunden, Fahrzeugen, Straßeninf-rastruktur und Dienstzentren bereitstellen
    • ist verantwortlicher Schlüsselakteur für die Verbindung verschiedener Akteure mit unterschiedlichen Anforderungen
    • seine Flexibilität ist ein Schlüsselfaktor, weil sich dies auf die Glaub-würdigkeit und Nutzung der Dienste durch Endkunden auswirkt.
    • wird immer mehr selbst zum Inhalteanbieter (Mobilfunkbetreiber)
  • Dienstanbieter (Service Provider)
    • realisiert und ist direkte Schnittstelle zum Endkunde
    • muss alle Funktionen zum Kunden bereitstellen (Rechnungsstellung, Kundenverwaltung oder Marketing, …
    • greift oft auf Dienste anderer Dienstanbieter zurück
    • ist oft auch in der Rolle Dienstbetreibers
  • Endkunde
    • ist Kunde des Dienstanbieters
    • nutzt Informationen für private oder geschäftliche Zwecke
    • keine homogene Gruppe, Anforderungen abhängig von persönlichen Anforderungen/Vorlieben und dem Nutzungszweck

Stereotypen von IVS-Akteuren

Im konkreten Falle der Konzeption, Einführung und des Betriebs eines IVS-Dienstes werden Rollen von konkreten IVS-Akteuren eingenommen. Folgende Liste zeigt Sterotypen von IVS-Akteuren:

  • Öffentliche Institutionen
    • Gesetzgeber
    • Baulastträger
    • Öffentlicher Straßenbetreiber
    • Straßenverkehrsbehörde (Polizei)
    • Öffentlicher Service Provider (Rundfunk, Wetterdienst ...)
  • Öffentliche/Private Institutionen
    • Daten- und Informations-Broker (MDM)
    • Standardisierungsorganistionen
  • Private Institutionen
    • Privater Content Owner
    • Privater Content Provider
    • Privater Service Provider
    • Kommunikationsnetzbetreiber
  • Industrie
    • Verkehrstechnik-Industrie
    • IKT-Industrie
    • Autommobilindustrie
    • Automobilzulieferer
    • Kommunikationsinfrastrukturindustrie

Ausprägung von Rollen und Geschäftsmodellen

  • Rechtsform und Aufgaben
  • IVS-Geschäftsmodell(e)
    • Kern-/Zusatzgeschäfte (Inhalte und Ziele), Finanzierungsmodelle
    • Organisationsform, Schlüsselressourcen und Partnerschaften
    • Wertschöpfungsprozesse
    • IT-Systeme
      • Informationsstrukturen
      • IT-Dienste
      • IT-Infrastrukturen/Datenbestand
      • Datenschnittstellen/Vernetzung

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