IVS-Architektur-Vorgehensmodell
Inhaltsverzeichnis
Problemstellung
Das The Open Group Architecture Framework TOGAF bietet einen Ansatz für Entwurf, Planung, Implementierung und Wartung von Unternehmensarchitekturen. Als operationelles Framework der Gruppe Government and Agency Frameworks bietet TOGAF mit der Architecture Development Method (ADM) unter anderem auch ein Vorgehensmodell zur Entwicklung von technischen Architekturen (siehe auch TOGAF).
Aufgrund der weltweiten Verbreitung und Anerkennung als "das Modell" für die Entwicklung von Unternehmensarchitekturen eignen sich TOGAF und die TOGAF ADM sehr gut als konzeptioneller Hintergrund auch für die Entwicklung von IVS-Architekturen. Allerdings ist TOGAF einerseits mehr auf die Entwicklung der Architektur eines einzelnen Unternehmens ausgerichtet und stellt darüber hinaus viele Konzepte für Architekturaspekte bereit, die für IVS und IVS-Dienste keine Bedeutung haben. Für die Entwicklung einer IVS-Architektur, das heißt die Architektur von IVS-Diensten, an denen in der Regel mehrere Instutionen und Unternehmen beteiligt sind, erfolgte deshalb eine Anpassung (Tailoring) des TOGAF-Vorgehensmodells unter drei Gesichtspunkten.
- Entwicklung eines generellen Modells zur Anpassung des TOGAF-Vorgehensmodells an die Aufgaben zur Erstellung einer IVS-Architektur, um dieses für die Entwicklung von IVS-Architekturen nutzen zu können
- Erarbeitung eines TOGAF basierten Rahmenwerks für die verschiedenen Phasen der IVS–Architekturentwicklung und Darstellung in einem Wiki
- Entwicklung eines IVS-Architektur-Glossars und -Metamodells
Zum besseren verständis des für IVS-Architektur vorgenommenen Tailorings der TOGAF ADM wird diese im folgenden kurz erläutert.
TOGAF - ein Überblick
Das TOGAF ADM-Phasenmodell
TOGAF definiert mit der TOGAF Architecture Development Method (ADM; siehe nebenstehendes Bild) einen Prozess zur Entwicklung von Geschäftsarchitekturen eines Unternehmens. Im Einzelnen werden mit der TOGAF-ADM folgende Phasen durchlaufen (siehe [1]):
- Preliminary Phase (Vorarbeiten)
- Hier wird die Einbindung zugrundezulegender Modelle geklärt, Modell-Anpassungen definiert sowie wichtige Prinzipien für die Architekturentwicklung festgelegt.
- Phase A - Architekture Vision (Architekturvision)
- Hier werden die Ziele der Architekturentwicklung und die daran Beteiligten festgelegt.
- Phasen B - Business Architecture (Geschäftsarchitektur)
- Hier werden für die Geschäftsarchitektur der aktuelle und der gewünschte Zustand beschrieben. Die entscheidenden Unterschiede werden herausgearbeitet. Dazu werden Geschäftsprozessmodelle, Use-Case- und Klassendiagramme verwendet.
- Phasen C - Information and Systems Architectures (Informations- und System-Architektur)
- Hier werden für die Informations-/Datenarchitektur und für die Anwendungsarchitektur der aktuelle und der gewünschte Zustand beschrieben. Die entscheidenden Unterschiede werden herausgearbeitet. Dazu werden die konkreten Datenmodelle und Anwendungen verwendet.
- Phasen D - Technology Architecture (Technologiearchitektur)
- Hier werden für die Technologiearchitektur der aktuelle und der gewünschte Zustand beschrieben. Die entscheidenden Unterschiede werden herausgearbeitet. Dazu werden die konkreten Hardwaresysteme beschrieben.
- In Phase E - Opportunities and Solutions (Möglichkeiten und Lösungen)
- Hier werden die Vorhaben festgelegt, welche die Transformation aus der Ist-Situation zum Soll-Zustand durchführen.
- Phase F - Migration Planning (Migrationsplanung)
- Hier wird die Überführung von Ist Zustand in den Soll-Zustand geplant.
- Phase G - Implementation Governance (Steuerung und Überwachung der Implementierung)
- Hier wird die Implementation in den Soll-Zustand überwacht.
- Phase H - Architecture Change Management (Änderungsmanagement)
- Hier werden Anforderungen und externe Einflüsse gesammelt, welche dann als Grundlage für einen evtl. nächsten Durchlauf des Prozesses dienen.
- Requirements Management (Anforderungsmanagement)
- Das Anforderungsmanagement treibt den ADM Prozess kontinuierlich und steht deshalb im Zentrum des Prozesses.
Das TOGAF-ADM Schrittmodell
Gemäß TOGAF Version 9.1 ist jede Phase nochmals in einzelne Schritte (Steps) unterteilt, die im TOGAF-Handbuch genau erklärt sind. Damit wird generell ein methodisches und umfassendes Vorgehen bei der Entwicklung einer Architektur sichergestellt. Ein Beispiel für die Vorbereitungsphase zeigt folgende Tabelle:
Schritt | TOGAF-Vorgabe |
---|---|
1 | Bestimmung des Wirkungsbereichs |
2 | Betroffene Organisationseinheiten |
3 | Sicherstellung von Steuerungs- und Unterstützungsframeworks |
4 | Definition und Aufbau eines Unternehmensarchitektur-Teams und einer Organisation |
5 | Identifizierung und Festlegung von Architekturprinzipien |
6 | Auswahl und organisationsspezifische Anpassung von Architekturframeworks |
7 | Implementierung von Architekturwerkzeugen |
Eine Besonderrheit ist mit dem Schrittmodell der Phasen B, C und D verbunden (siehe auch Hinweise zum TOGAF Schrittmodell der Phasen B, C und D).
TOGAF Architecture Deliverables als Ergebnisse (Liefergegenstände) der Architekturarbeit
Das Vorgehen in Schritten mündet in sog. Architecture Deliverables als Ergebnis (Liefergegenstände) der Architekturarbeit. Dabei unterscheidet TOGAF folgende "Architecture Deliverables"
- Artefakte (im möglichen Format von Katalogen, Matrizen und Diagrammen) und
- Other Deliverables
Artefakte beschreiben Bausteine (Bulding blocks). Dass sind die Elemente, aus denen am Ende die eigentliche Architektur aufgebaut ist. TOGAF ordnet Bausteine in verschiedene Ebenen ein.
Ein Architecture Deliverable ist das Ergebnis der Architekturarbeit. Bei der Durchführung der Arbeiten nach der ADM werden Deliverables als Output erzeugt. Diese Deliverables werden häufig in folgenden Schritten als Input verwendet und weiter konkretisiert. Z.B. werden in der Phase A relevante Stakeholder mit dem IVS-Rollenkonzept identifiziert und in der Phase B werden basierend auf diesen Rollen dann Prozesse beschrieben.
Unterschied zwischen Artefakten und Deliverables
Es wird in TOGAF unterschieden zwischen Artefakten und anderen Devlierables. Die Unterscheidung kommt daher, dass Artefakte stets die Architektur an sich beschreiben bzw. die einzelnen Bestandteile der Architektur. Andere Deliverables beschreiben z.B. die Umgebung der Architektur oder die Projektstruktur des Architekturprojekts.
Artefakte sind entweder Kataloge, Matrizen oder Diagramme und bestehen aus den einzelnen Bausteinen.
- Ein Baustein ist z.B. eine einzelne Rolle. Der Rollenkatalog, der alle Rollen auflistet, ist ein mögliches Artefakt. Ein Prozessdiagramm mit Rollen als Swimlanes wäre ein weiteres mögliches Artefakt, das die Bausteine Prozess und Rolle kombiniert.
- Ein Katalog besteht immer nur aus einem Typ Baustein; Matrizen bestehen typischerweise aus zwei verschiedenen Bausteintypen und Diagramme aus mehreren.
TOGAF sieht eine Vielzahl an Artefakten vor (siehe Abbildung.)
Im Los 1 IVS-Rahmenarchitektur werden sowohl Templates zur Beschreibung einzelner Bausteine als auch Templates für Artefakte entwickelt und für die IVS-Referenzarchitekturen bereitgestellt.
Das TOGAF-basierte Rahmenwerk für IVS-Architektur
Tailoring des TOGAF Phasen- und Schrittmodells
Um das TOGAF-Modell für jede Phase und jeden einzelnen Schritt an die Anforderung der Entwicklung einer IVS-Architektur anpassen zu können, wurde ein Tailoring-Modell entwickelt, das die Schritt-Tabellen der Phasen um Spalten wie folgt erweitert:
Schritt | TOGAF | Tailoring IVS-Architektur | Anleitung | Artefakte {K=Katalog, M=Matrix, D=Diagramm}, O=Other Deliverables | Empfehlung für IVS-Refenzarchitekturen | Empfehlung für IVS-Architekturen realer IVS-Dienste |
---|---|---|---|---|---|---|
1 | Bestimmung des Wirkungsbereichs | Bestimmung des Wirkungsbereichs von IVS-Architektur | Wirkungsbereich von IVS-Architektur
|
Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung |
2 | Identifizierung der betroffenen Organisationseinheiten | Identifizierung von IVS-Architektur betroffener Institutionen/Unternehmen | Von IVS-Architektur betroffene Institutionen/Unternehmen und Rahmenbedingungen | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung |
3 | Sicherstellung von Steuerungs- und Unterstützungsframeworks | Sicherstellung von Steuerungs- und Unterstützungsframeworks für IVS-Architektur | Steuerungs- und Unterstützungsframeworks für IVS-Architektur | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung |
4 | Definition und Aufbau eines Unternehmensarchitektur-Teams und einer Organisation | Definition und Aufbau eines IVS-Architektur-Teams und einer Organisation |
Hinweise zur Bildung eines IVS-Architekturteams
|
Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung |
5 | Identifizierung und Festlegung von Architekturprinzipien | Identifizierung und Festlegung von IVS-Architekturprinzipien |
|
K: IVS-Architekturprinzipien | K: IVS-Architekturprinzipien für die IVS-Dienstekategorie (geerbt von der IVS-Rahmenarchitektur, erweitert für die IVS-Dienstekategorie) | K: IVS-Architekturprinzipien für den spezifischen IVS-Dienst (geerbt von der IVS-Dienstekategorie, erweitert für den spezifischen IVS-Dienst) |
6 | Auswahl und organisationsspezifische Anpassung von Architekturframeworks | Auswahl und Anpassung von IVS-Architekturframeworks | Nationale und internationale IVS-Architekturframworks | Projektspezifische Anpassung und Erweiterung | Projektspezifische Anpassung und Erweiterung | Projektspezifische Anpassung und Erweiterung |
7 | Implementierung von Architekturwerkzeugen | Implementierung von IVS-Architekturwerkzeugen | Vorschläge für IVS-Architekturwerkzeuge | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung | Projektspezifische Lösung |
Ergebnis des Taylorings des TOGAF ADM-Phasenmodells ist am Ende das TOGAF-basierte Rahmenwerk für IVS-Architektur. Es besteht im Einzelnen aus
- der TOGAF ADM-Tayloringmethode für IVS-Architektur sowie der nach den TOGAF ADM-Phasen strukturierten Ablage der getaylorten Steps im Wiki-Navigationsbaum
- der nach den TOGAF ADM-Phasen strukturierten Ablage für Templates für IVS-Architekturbausteine auf der Wiki-Hauptseite rechts
- der nach den TOGAF ADM-Phasen strukturierten Ablage für Deliverables eines Architekturprojekts auf der Wiki-Hauptseite links
Phasen und Schritte der IVS-Rahmenarchitektur 1.0
Für die Entwicklung der IVS-Rahmenarchitektur 1.0 wurde der Schwerpunkt auf die Geschäfts- und Informationssystemarchitektur gelegt (TOGAF Phasen A bis C).
Einen Überblick über das Tayloring der Phasen Vorbereitung und Phasen A, B und C (C1. und C.2) liefern die folgenden Grafiken: