Anleitung zur IVS-Datenarchitektur: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 13. April 2016, 13:23 Uhr

Ist-Situation

Im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte wurden in den verschiedenen IVS-Domänen Schnittstellen zum Austausch von Daten entwickelt. Einige dieser Schnittstellenbeschreibungen enthalten explizite Datenbeschreibungen (z.T. in formalen Datenbeschreibungssprachen wie z.B. UML), andere Schnittstellenbeschreibungen enthalten implizite Datenbeschreibungen (auch hier z.T. in formalen Datenbeschreibungssprachen).

Diese Standards sind unabhängig voneinander entstanden und für verschiedene Anwendungsbereiche konzipiert worden. Mittlerweile haben sich die Standards weiter entwickelt und überlappen sich zum Teil inhaltlich. Aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsbereiche und je nach Zeitpunkt der Entstehung werden die Daten auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus beschrieben.

Mittlerweile existieren Anwendungen, die mit zwei oder mehr der domänenspezifischen Datenmodelle arbeiten. Da kein übergeordnetes Datenmodell existiert, müssen solche Anwendungen bisher die Abbildungen zwischen den Datenmodellen anwendungsspezifisch erarbeitet.

Ein wesentlicher Bestandteil verkehrsbezogener Daten ist der Ort, für den diese Daten gelten. Um die räumliche Gültigkeit von verkehrsbezogenen Daten beschreiben zu können, wurden verschiedene Verfahren (sogenannte Ortsreferenzierungssysteme bzw. englisch location referencing systems) entwickelt. Die domänenspezifischen Datenmodelle verwenden unterschiedliche, z.T. mehrere Ortsreferenzierungssysteme. Auch bei den Ortsreferenzierungssystemen besteht das Problem, dass die Konvertierung von Ortsreferenzen zwischen verschiedenen Systemen z.T. nicht möglich, oft jedoch aufwendig und fehleranfällig ist. Wie bei den domänenspezifischen Datenmodellen gibt es auch hier kein übergeordnetes System, in das alle Ortsreferenzierungssysteme ohne weiteres eingebettet werden könnten.

Bestehende Datenmodelle

Die folgende Tabelle enthält eine Auflistung der domänenspezifischen Datenmodelle:

Domäne Datenmodell Beschreibung
Straßenverkehrstechnik TLS (außerorts) Die Technischen Lieferbedingungen für Streckenstationen (TLS) sind ein Standard für den Aufbau von Verkehrsbeeinflussungsanlagen an Bundesfernstraßen.
OCIT (innerorts) OCIT® (Open Communication Interface for Road Traffic Control Systems / Offene Schnittstellen für die Straßenverkehrstechnik) ist eine Arbeitsgemeinschaft zur Standardisierung von Schnittstellen in der Straßenverkehrstechnik im Innerortsbereich.
Verkehrsmanagement DATEX II DATEX II ist ein Standard, der zum Austausch von Informationen zwischen Verkehrsmanagementzentralen entwickelt wurde.
Verkehrsinformation TPEG Die Spezifikationen der Transport Protocol Experts Group (TPEG) beschreiben eine Methode, um multimodale Verkehrs- und Reiseinformationen zu übertragen.
TMC Der Traffic Message Channel (TMC) ist eine Applikation für das UKW Radio Data System (RDS), der zur Aussendung von Echtzeit-Verkehrs- und Wetterinformationen verwendet wird.
Kooperative Systeme ITS G5 ITS G5 ist eine Sammlung von Standards, die zum Austausch von Daten zwischen Fahrzeugen (C2C) und zwischen Fahrzeugen und Infrstsruktur (C2I) verwendet werden.
Öffentlicher Verkehr TRANSMODEL TRANSMODEL ist das europäische Referenzdatenmodell zum Austausch von Informationen über den öffentlichen Verkehr.
VDV 452 Der Verband deutscher Verkehrsunternehmen VDV hat mit der VDV-Schrift 452 die Beschreibung einer Schnittstelle zum Austausch von Liniennetzen und Fahrplänen standardisiert.
NeTEx Der Network Timetable Exchange (NeTEx) ist ein CEN Technical Standard zum Austausch von ÖV-Fahrplänen und zugehörigen Daten.

Bestehende Ortsreferenzierungssysteme

Die folgende Tabelle enthält eine Auflistung der relevanten Ortsreferenzierungssysteme:

Ortsreferenzierungssystem Beschreibung
AGORA-C AGORA-C gehört zur Familie der On-The-Fly Referenzierungen. Dazu gehören Referenzierungen, für deren Kodierung und Dekodierung (routingfähige) digitale Karte benötigt werden. Die eigentlichen Referenzen werden ad hoc (on the fly) kodiert und enthalten geografischen Koordinaten sowie weitere Zusatzinformationen, die benötigt werden, um eine Rückabbildung auf eine digitale Karte (Dekodierung) zu verbessern. AGORA-C ist ein Verfahren, für dessen Anwendung Lizenzgebühren entrichtet werden müssen.
Alert-C In Alert-C werden Ortsreferenzen mit Hilfe von vordefinierten Locations gebildet. Wichtige Punkte und Strecken im Straßennetz werden dabei vorab mit einem sogenannten Locationcode versehen. Ebenso werden wichtige Gebiete (z.B. administrative Gebiete) mit Locationcodes versehen. Diese TMC Location Code Listen können dann verwendet werden, um Ortsreferenzen (TMC Locations) zu generieren. Dabei können jedoch nur Ortsreferenzen, die Bezug auf die vordefinierten Locations haben, erzeugt werden.
Geographische Koordinaten Mit geographischen Koordinaten lassen sich grundsätzlich die Positionen aller räumlichen Objekte auf der Erdoberfläche beschreiben. Um jedoch ein Objekt innerhalb eines Straßennetzes eindeutig referenzieren zu können, reichen geographische Koordinaten in der Regel nicht aus. Deshalb wird diese sehr universelle Art der Ortsreferenzierung häufig nur dann verwendet, wenn es darum geht, ein Objekt auf einer digitalen Karte darzustellen. Bei darüber hinausgehenden Anforderungen, werden eher auf geographischen Koordinaten aufbauende Verfahren wie z.B. AGORA-C, OpenLR, TPEG LOC bzw. Traces verwendet.
Lineare Referenzierung Bei der linearen Referenzierung werden Punkt- oder Linienobjekte kodiert, indem Abstände auf einem linearen Element angegeben werden. In Deutschland werden im Straßennetz sowohl Autobahnkilometrierung als auch ASB-Stationierung als lineare Referenzierungssysteme verwendet.
Netzmodell Bei einem Netzmodell wird eine digitale Karte verwendet, um Objekte der digitalen Karte über deren Identifier zu referenzieren. Bei diesem Verfahren müssen alle Beteiligten entweder über dieselbe digitale Karte verfügen oder die verwendete digitale Karte wird mit der Ortsreferenz zusammen angegeben.
OpenLR OpenLR ist, wie AGORA-C, ein On-The-Fly Referenzierungssystem mit dem Punkt-, Linien- und Flächenobjekte kodiert werden können. Im Gegensatz zu AGORA-C ist die Anwendung von OpenLR lizenzkostenfrei.
TPEG LOC TPEG LOC nutzt geographische Koordinaten, um die Position einer Ortsreferenz auf der Erdoberfläche anzugeben. Zusätzlich werden in sogenannten Descriptoren die Namen von Ortsreferenzen angegeben. Diese Descriptoren können auch verwendet werden, um Sprachausgaben aus einer TPEG LOC zu generieren. In TPEG LOC können Punkt-, Linien- und Flächenreferenzen kodiert werden.
Traces Bei Traces werden die eigentlichen Ortsreferenzen ebenfalls als geographische Koordinaten angegeben. Zusätzlich werden Qualitätsinformationen des verwendeten globalen Navigationssatellitensystems sowie geographische Koordinaten von Strecken, die auf die eigentliche Ortsreferenz zuführen (sogenannte Spuren bzw. Traces), verwendet, um die Abbildung auf eine digitale Karte zu verbessern.

Zuordnung zwischen Datenmodellen und Ortsreferenzierungssystemen

Die folgende Tabelle enthält eine Zuordnung von domänenspezifischen Datenmodellen und den von diesen verwendeten Ortsreferenzierungssystemen:

Datenmodell Ortsreferenzierungssystem
DATEX II In DATEX II können die Ortsreferenzierungssysteme Alert-C (für Punkt- und Linien- und Flächenobjekte), Geokoordinaten (für Punktobjekte), Lineare Referenzierung (für Punkt- und Linienobjekte) und TPEG LOC (für Punkt- und Linien- und Flächenobjekte) verwendet werden. Als Level-B-Erweiterung kann auch OpenLR (für Punkt- und Linien- und Flächenobjekte) verwendet werden. Aktuell ist eine Level-B-Erweiterung in Arbeit, die auch Traces (für Punkt- und Linienobjekte) als Ortsreferenzierungssystem unterstützt.
ITS G5 Für die verschiedenen ITS G5 Datenformate werden Traces als Ortsreferenzierungsverfahren verwendet.
NeTEx NeTEx verwendet ein Netzmodell zur Ortsreferenzierung
OCIT OCIT macht keine Angaben über die verwendeten Ortsreferenzierungssysteme.
TLS TLS verwendet lineare Referenzierung (Autobahnkilometrierung) als Ortsreferenzierungssystem, um die geographischen Kenndaten von Streckenstationen zu kodieren. Außerdem gibt es die Empfehlung, den zu einer Streckenstation gehörenden TMC-Punktlocationcode (Alert-C) als Knotennummer zu verwenden.
TMC TMC verwendet Alert-C für Punkt-, Linien- und Flächenobjekte als Ortsreferenzierungssystem.
TPEG TPEG vwerwendet, ähnlich wie DATEX II, einen Location Container, in dem mehrere Ortsreferenzen parallel angegeben werden können. Es werden AGORA-C, Alert-C, Geokoordinaten, TPEG-LOC und OpenLR als Ortsreferenzierungssysteme verwendet werden.
TRANSMODEL TRANSMODEL verwendet ein Netzmodell zur Ortsreferenzierung
VDV 452 Der VDV Standard 452 verwendet ein Netzmodell mit WGS84-Koordinaten zur Ortsreferenzierung